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Datum: 11.06.2020

Ideen für 2040: Mobilität im Landkreis fördern

Landkreis stellt Mobilitätskonzept vor / Anregungen von Kommunen, Institutionen und Öffentlichkeit eingeflossen / Schrittweise Umsetzung geplant

Mobilitätskonzept 2040 - Workshop in Oranienburg am 24.10.2019

© Landkreis Oberhavel

Wie sieht die Mobilität in Oberhavel in zwanzig Jahren aus? Wie lässt sich Mobilität nachhaltig gestalten? Welche Mobilität braucht Oberhavels Wirtschaft, um leistungs- und konkurrenzfähig zu bleiben und welche, um zugleich als Wohnstandort weiter zu punkten? Welche neuen Technologien bieten Chancen für eine ökologische, aber auch bezahlbare Mobilität?

Antwortvorschläge für diese und viele weitere Fragen gibt das Mobilitätskonzept 2040 des Landkreises Oberhavel, das die Kreisverwaltung dem Kreistag in seiner nächsten Sitzung zum Beschluss vorlegen wird. Derzeit wird der Entwurf des Konzepts in den politischen Gremien beraten. Das fast 200 Seiten starke Papier soll der Verwaltung als Handlungsgrundlage dienen, welche den Rahmen für die Mobilitätsstrategie des Kreises für die kommenden Jahre vorgibt. Die einzelnen Projekte werden in der Folge schrittweise in den Fachbereichen weiter geprüft und vor der Umsetzung mit der Kreispolitik erörtert. Mit dem auf 2040 angelegten Zeithorizont und der Breite der Untersuchung beschreitet der Landkreis dabei thematisches Neuland.

„Bei der Erarbeitung des Mobilitätskonzeptes hatte der Landkreis deshalb schon im Vorfeld alle relevanten Gruppen einbezogen, darunter die Kommunen, die Wirtschaft, Interessenverbände und Institutionen, aber insbesondere auch die Bürgerinnen und Bürger Oberhavels. Im Herbst 2019 fanden eigens zwei öffentliche Beteiligungsworkshops statt, deren Ergebnisse dokumentiert wurden und die jetzt in den Konzeptentwurf eingeflossen sind", erläutert Egmont Hamelow, Dezernent für Bauen, Wirtschaft und Umwelt.

Augenmerk wird in dem Konzept besonders auf den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und die Taktverdichtung gelegt. Dafür sollen die von der Verkehrsleistungen der OVG bis 2026 von bisher rund 5,5 Millionen Fahrplankilometern pro Jahr auf bis zu 6,5 Millionen Fahrplankilometer im Jahr ausgeweitet werden. Dies soll mittels schrittweiser Steigerungen von etwa 200.000 Fahrplankilometern im Jahr erfolgen. Die jährlichen Kosten für den Buslinienverkehr erhöhen sich dafür pro Umsetzungsstufe um jeweils rund 450.000 Euro. Hier könnte im Gegenzug die CO2-Einsparung besonders stark ausfallen. Zugleich schlägt das Konzept die Förderung von Bürgerbusprojekten, die Einführung von „PlusBus“-Angeboten und den vermehrten Einsatz von Linienbussen mit E-Antrieb vor. Geplant sind zehn Busse pro Jahr plus Herstellung der notwendigen Ladeinfrastruktur. Vorgeschlagen wird auch der Einsatz von Gästekarten für Touristen im ÖPNV und eine Gesamtstrategie für mehr Digitalisierung in diesem Bereich.

Mobilitätskonzept 2040 - Workshop in Gransee am 23.10.2019

© Landkreis Oberhavel

Der Landkreis will sich außerdem weiter für eine zügige Umsetzung der Maßnahmen aus dem Programm i2030 des Landes Brandenburg einsetzen. Dazu gehört neben dem Ausbau des Prignitz Express RE6 und dessen Führung über Hennigsdorf direkt nach Berlin-Gesundbrunnen sowie der Wiedererrichtung der Stammstrecke der Heidekrautbahn auch die Wiederherstellung des S-Bahn-Anschlusses nach Velten. Um künftig noch zielgenauer auf die Bedarfe im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) reagieren zu können, schlägt der Kreis sowohl die Erstellung einer regionalen SPNV-Schwachstellenanalyse als auch die Planung einer „Kreis-Regionalbahn, bei der der Landkreis erstmals als SPNV-Aufgabenträger auftreten könnte, vor. Ziel ist die Verdichtung des Angebots. Die Verlängerung der Heidekrautbahn über Wensickendorf bis nach Liebenwalde, der Einsatz von Wasserstoffzügen bei der NEB, die Verlängerung der Bahnsteige in Löwenberg und Dannenwalde auf 175 Meter Länge sowie der Umbau des Bahnhofs Fürstenberg/Havel sind ebenfalls im Konzept aufgegriffen.

Bestandteile des Konzepts sind weiterhin der Neubau der Schleuse in Friedenthal und die Sanierung der Tiergartenschleuse und der Schleuse Hohenbruch sowie eine bessere Anbindung des Landkreises an den Flughafen BER. Für den Radverkehr schlägt das Konzept eine Machbarkeitsstudie zu Radschnellverbindungen vor. Denkbar wäre beispielsweise Radschnellverbindungen auf vier Achsen in Richtung Berlin. Auch an der Kampagne „Stadtradeln" will sich der Kreis ab 2021 beteiligen.

„Klar ist, dass der Landkreis auf einige der im Mobilitätskonzept angeführten Vorschläge nur bedingten Einfluss hat. Es ist uns aber wichtig, dass wir uns deutlich zu diesen Zielen bekennen und zeigen, dass wir uns dafür nach Kräften einsetzen wollen“, sagt Egmont Hamelow: „In Sachen CO2-Einsparung wird der Landkreis dabei mit gutem Beispiel voran gehen und auch die eigene Fahrzeugflotte weiter auf E-Fahrzeuge sowie weitere Dienstfahrräder und -pedelecs umstellen. Wir können uns außerdem Mobilitätstage im Landkreis vorstellen und wollen Kommunen der Erstellung von eigenen Verkehrskonzepten unterstützen.“

Ein zentraler Vorschlag des Konzepts ist der Bau eine Stadtseilbahn in Oranienburg als Verbindung zwischen Bahnhof, Schloss und Gedenkstätte. Insbesondere die mehr als 700.000 Besucherinnen und Besucher der Gedenkstätte Sachsenhausen könnten davon profitieren. Schätzungsweise 400.000 von ihnen reisen mit dem ÖPNV an. „Das Gedankenspiel in die dritte Ebene der Mobilität ist nicht nur reizvoll, sondern auch lohnenswert – sowohl wirtschaftlich als auch aus Umweltaspekten. Darüber zu diskutieren erscheint mir deshalb durchaus spannend, auch wenn der Fokus unseres Mobilitätskonzeptes 2040 klar auf den schneller umsetzbaren Projekten liegen wird. Schließlich sollen die Ergebnisse der Mobilitätsstrategie für die Oberhavelerinnen und Oberhaveler schnell sichtbar und auch spürbar werden“, wünscht sich Hamelow.

Mobilitätskonferenz Oberhavel World Cafe Juni 2019.

Hintergrund

Das Mobilitätskonzept geht zurück auf einen Beschluss des Kreistags vom Juli 2018. Schwerpunkte sind die Sicherung der Mobilität im gesamten Landkreis Oberhavel, die       Verkehrsoptimierung und -vermeidung ebenso wie die Betrachtung des Schienen-, Straßen- und des Wasserstraßennetzes. Auch die Anbindung des Landkreises an den Luftverkehr ist untersucht und die Nutzung von Elektromobilität, Brennstoffzellen- und Wasserstofftechnologie betrachtet worden. Eine wichtige Rolle bei der Bestandsaufnahme und Konzeptentwicklung spielten zudem der Rad- und Fußverkehr, die Verkehrsmittelwahl und die Digitalisierung.

Die wesentlichen Arbeitsgrundlagen bildeten die Mobilitätsstrategie Brandenburg 2030, die korrespondierenden Planungen des Bundes und des Landes Brandenburg, der Regionalplanung, der Städte und Gemeinden, die Kreisentwicklungskonzeption sowie der Nahverkehrsplan des Landkreises Oberhavel für die Jahre 2017 bis 2021.

Mit der Erarbeitung des Konzeptes hatte der Landkreis nach öffentlicher Ausschreibung das Berliner Unternehmen team red Deutschland GmbH beauftragt. Im Rahmen der ersten Mobilitätskonferenz am 18.06.2019 gab es mit kurzen Fachvorträgen der team red Deutschland GmbH und des Leipziger Instituts für Energie einen öffentlichkeitswirksamen Einstieg in die Untersuchungen.

Am 04.06.2020 hatte der Nahverkehrsbeirat das Mobilitätskonzept beraten und im Ergebnis den Gremien des Kreistags zur Beratung und zum Beschluss empfohlen. Am 15.06.2020 ist das Konzept in öffentlicher Sitzung Thema im Ausschuss für Wirtschaft, Mobilität und Digitalisierung.